MS-Diagnose erhalten?
Du hast eine MS-Diagnose erhalten und fühlst dich überfordert? Lass mich dir zunächst sagen: Du bist nicht alleine. Es gab bereits unzählige Menschen vor dir, einschließlich meiner Wenigkeit, die in einer ähnlichen Situation waren. Mit den folgenden Zeilen möchte ich dir zeigen, dass eine MS-Diagnose definitiv kein Weltuntergang ist. Aber räumen wir das Feld von hinten auf – Was ist eigentlich Multiple Sklerose (⇒ zur Infoseite)?
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MS-Diagnose erst sacken lassen
Der erste Schritt ist leichter gesagt als getan. Aber du solltest Ruhe bewahren und die MS-Diagnose erst einmal sacken lassen. Dein Körper kann jetzt keinen zusätzlichen Stress gebrauchen und muss sich voll und ganz auf die Selbstheilungskräfte konzentrieren. Versuche deinen Körper bestmöglich zu unterstützen, indem du nicht in Panik verfällst. Wie bereits erwähnt, eine MS-Diagnose ist kein Weltuntergang.
Sicherlich hast du nun 1.000 Fragen im Kopf. Ging mir und vielen anderen Menschen mit MS übrigens nicht anders. Du solltest der Sache in jedem Fall seriös auf den Grund gehen. Auf meiner Themenseite „Unterstützung bei MS“ habe ich einige seriöse Quellen und Anlaufstellen aufgelistet, wie beispielsweise die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) oder das Multiple Sklerose Portal AMSEL. Auch Personen mit MS, wie ich, teilen gerne ihr Wissen und ihre Erfahrungen.
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Hoffnung kann Berge versetzen
Egal, was aktuell deine Symptome sind, es muss nicht so bleiben. Es gibt viele Beispiele, in denen sich die Einschränkungen teilweise wieder vollständig zurückgebildet haben. Ich möchte die MS jedoch auch nicht verharmlosen. Es können ebenso Schäden entstanden sein, die sich nicht wieder vollständig zurückbilden werden. All das kannst du zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht wissen und einschätzen. Du hast quasi zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: Entweder du steckst den Kopf in den Sand oder du glaubst an dich und hoffst auf die Selbstheilungskräfte deines eigenen Körpers.
Ich persönlich hatte mich damals im Krankenhaus für das Prinzip Hoffnung entschieden. Meine damaligen Symptome waren übrigens alles andere als leicht. Ich konnte beispielsweise keine zwei Schritte mehr freihändig laufen, war auf einem Auge komplett erblindet, hatte unkontrollierten Harnverlust, Missempfindungen und Taubheitsgefühle am ganzen Körper, Wortfindungsschwierigkeiten und noch ein paar weitere Herausforderungen. Für einige Stunden hatte ich tatsächlich den Mut verloren und aufgegeben. Doch dann kam recht schnell meine kämpferische Natur zum Vorschein.
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Ein positives Beispiel nur für Dich
Seit besagtem Krankenhausaufenthalt sind mittlerweile etwa 5,5 Jahre vergangen. Damals lief ich mit einem Rollator über den Krankenhausflur, konnte kaum etwas sehen, litt unter starken Augen- und Kopfschmerzen, fühlte mich ständig benommen und hatte permanent Angst, mir in die Hose zu machen. Heute kann ich auf dem Laufband joggen, mein gesundes Auge kann vieles kompensieren, die Taubheitsgefühle sind nahezu komplett verschwunden, ich habe mich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr unkontrolliert eingnässt und die Schmerzen sind viel erträglicher geworden als noch damals.
Ich möchte allerdings erwähnen, dass ich noch immer Einschränkungen habe und einige Kompromisse eingehen musste. Obwohl man mir die MS nicht mehr auf den ersten Blick ansieht, bin ich nicht mehr so leistungsfähig wie früher. Bei anstrengenden Aktivitäten werde ich instabil und verliere nach und nach bestimmte Körperfunktionen, die sich jedoch glücklicherweise wieder regenerieren und normalisieren können. Ich möchte damit nur sagen, dass mein Leben sich verändert hat. Aber ich empfinde es keineswegs als Weltuntergang. Im Laufe der Zeit gewöhnt man sich an vieles, passt sich an, findet Lösungen und kennt mittlerweile hilfreiche Tipps und Hilfsmittel. Auch du wirst mit der MS-Diagnose wachsen, glaube mir.
MS kann auch eine Chance sein
Die Diagnose einer Multiplen Sklerose (MS) kann zunächst als einschneidendes Ereignis empfunden werden. Es ist jedoch möglich, die MS als Chance zur persönlichen Entwicklung und zum Wachstum zu nutzen. Hier sind einige Ansätze, wie man dies erreichen kann:
- Selbstreflexion und Akzeptanz: Die MS-Diagnose kann eine Gelegenheit bieten, sich selbst besser kennenzulernen und sich mit den eigenen Stärken und Schwächen auseinanderzusetzen. Indem man die Krankheit akzeptiert, kann man den Grundstein für ein positives Mindset und Veränderungen legen.
- Gesundheitsmanagement: Eine gesunde Lebensweise kann einen großen Einfluss auf den Verlauf der MS haben. Die Diagnose kann dazu anregen, sich intensiver mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen, gesunde Gewohnheiten zu entwickeln und einen aktiven Lebensstil zu pflegen. Dies kann langfristig zu einem verbesserten allgemeinen Wohlbefinden führen.
- Selbstfürsorge und Stressmanagement: Multiple Sklerose kann mit physischen und emotionalen Herausforderungen einhergehen. Indem man sich intensiver um sich selbst kümmert und effektive Stressbewältigungsstrategien erlernt, kann man die MS als Anlass nehmen, sich bewusst Zeit für Entspannung, Ruhe und die eigene mentale Gesundheit zu nehmen.
- Neues Wissen und Engagement: Die MS-Diagnose kann zu einer Vertiefung des Wissens über die Krankheit und ihre Behandlungsmöglichkeiten führen. Dieses Wissen kann genutzt werden, um aktiv in den eigenen Behandlungsplan einzubeziehen und sich für die MS-Gemeinschaft zu engagieren, sei es durch Teilnahme an Selbsthilfegruppen, Informationsveranstaltungen oder dem Austausch mit anderen Betroffenen.
- Persönliches Wachstum: Die Herausforderungen, die die MS mit sich bringt, können zu persönlichem Wachstum führen. Indem man sich mit den eigenen Grenzen auseinandersetzt, neue Wege der Bewältigung findet und sich selbst motiviert, kann man an Stärke und Resilienz gewinnen.
Es ist wichtig zu betonen, dass jeder Mensch individuell mit der Diagnose umgeht. Was für den einen als Chance empfunden wird, kann für den anderen eine andere Bedeutung haben. Es ist ratsam, professionelle Unterstützung durch Ärzte, Therapeuten oder Berater in Anspruch zu nehmen, um den eigenen Weg im Umgang mit MS zu finden. Die MS ist übrigens auch eine Chance, sich von belastenden Personen oder Umständen zu trennen.
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Deine Tipps hier mit uns teilen
Du kannst leider auch beim Thema „Multiple Sklerose“ mitreden? Was würdest du einer Person empfehlen, die gerade ihre MS-Diagnose erhalten hat?
Ratschläge und Tipps von Betroffenen lesen
Hier findest du Ratschläge von Personen mit MS, wie man sich ihrer Meinung nach bei einer MS-Diagnose verhalten sollte:
- MS ist nicht das Ende, sondern kann auch ein neuer Anfang sein. Generell würde ich jedem Neuling empfehlen, Seiten wie die DMSG und Amsel zu besuchen. Außerdem finde ich Hinweise auf Podcasts wie „Kämpferherzen“ einen guten Ansatz. Kevin Hofmann, „Chronisch Fabelhaft“ oder „Mademoiselle Myelin“ (meine persönliche Favoritin) sind ebenfalls empfehlenswert. Vielleicht solltest du auch die Seite von Heike Führ/Multiple Arts besuchen. Sie hat manchmal wirklich tolle und motivierende Bilder und Sprüche. (Anja)
- Nicht jeder landet direkt im Rollstuhl. Vielleicht wird nicht mehr alles gehen, aber glaube mir, es wird noch viel gehen. Ja, MS verändert dein Leben, aber MS verändert auch die Sicht auf das Leben. Tu, was du kannst, und lebe einfach. (Christine)
- Ganz wichtig: MS ist nicht morgen tödlich! Es fühlt sich zwar wie ein Alptraum an, ist aber kein Weltuntergang. In Ruhe verarbeiten, informieren und alle weiteren Schritte in die Wege leiten. Notfalls Unterstützung bei einem Psychologen holen, wenn man aus dem Tief nicht alleine herauskommt. Ein dickes Fell im Laufe der Zeit zulegen. Nicht immer, wenn gefragt wird „Wie geht es dir?“, ist überhaupt eine ehrliche Antwort erwünscht! Genau unterscheiden lernen, wer es wirklich wissen will, oder wo es nur als Smalltalk/Floskel gefragt wird. Auch die MS nicht in den Vordergrund stellen. Wir haben zwar MS, definieren uns aber nicht darüber. Dinge tun, die Freude bereiten – Kleinigkeiten reichen da auch. (Corinna)
- Was mir einfach geholfen hat: Eine Gruppe von netten Menschen, die ebenfalls die Diagnose MS haben. Hier fühlt man sich nicht mehr allein. Keine Frage ist zu doof. Ich fühle mich verstanden und nicht verurteilt. Ich glaube, dass das ganz wichtig ist! (Corinna)
- Die MS-Diagnose erstmal sacken lassen. Keine Panik. Eventuell direkt eine Rehabilitation in Betracht ziehen, wo man Gleichgesinnte trifft, viel über die Krankheit lernt und erfährt, was man tun kann. Bei den Therapien auch spüren, was nötig ist und guttut. Und sogar teilweise erkennen, was vielleicht schon alles mitspielt, was man vorher nicht gedacht hätte und woanders hingeschoben hat. (Karen)
- Höre auf dein Bauchgefühl. Wenn eine Entscheidung getroffen wird und du dich damit nicht wohl fühlst, sprich es direkt an. Triff keine Entscheidungen im Alleingang, sondern sprich mit deinem Arzt, Therapeuten oder einer anderen Vertrauensperson über deine Bedenken. Auch im privaten Bereich ist es wichtig, „Nein“ zu sagen, wenn du das Gefühl hast, dass dir eine Unternehmung oder Aktivität heute nicht gut tun wird. (Manuela)
- Ich habe meine Diagnose am 19.11.2019 erhalten und habe schnell Folgendes gelernt: Das Wichtigste ist zu wissen, dass das Leben zwar durch die MS eingeschränkt ist, aber keinesfalls vorbei. Man wird weiterhin glückliche und schöne Zeiten sowie Erlebnisse haben. Die MS bietet den Vorteil, dass man erkennt, welche Menschen wirklich wichtig sind und von welchen man sich möglicherweise trennen kann. Die MS ist einfach ein zukünftiger Wegbegleiter. (Marc)
- Nicht wild googeln und alles glauben, was man im Internet lesen kann, sondern sich auf seriösen Seiten, bspw. von der DMSG, informieren. Ich bin auch direkt Mitglied bei der DMSG geworden, weil sie viele Beratungs-, Austausch- und Unterstützungsangebote haben. Das hat mir in der ersten Zeit sehr geholfen. Akzeptieren, dass die Krankheit nicht heilbar ist, ABER der Verlauf durch die verfügbaren Medikamente positiv beeinflusst werden kann. „Wunderheilerinnen“, die für viel Geld ihre Nahrungsergänzungsmittel und alternativen Heilmethoden anbieten, ignorieren – auch wenn man sich gerade am Anfang an jeden Strohhalm klammern will. Wenn möglich, selbständig in die verschiedenen Therapiemöglichkeiten einlesen, bspw. beim Kompetenznetz Multiple Sklerose und der MS-Stiftung Trier. Bewusste Entscheidungen treffen und mündiger Patientin werden. Zeitnah um eine Verhaltenstherapie kümmern – die Wartelisten sind lang und Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung ist sehr hilfreich. Und natürlich: Guten Neurolog*in finden. (Meike)
- Erstmal tief durchatmen. Spielt Kortison mit, daran denken, dass dieses die Stimmung extrem in den Keller sinken lassen kann. Erstmal ablenken und sich auf das Abheilen des Schubs konzentrieren. Dann Infos in alle Richtungen einholen. Nicht nur zu Medikamenten, sondern zu allem, was die MS positiv beeinflussen kann. Genau so unterschiedlich wie die MS ist, ist auch der eigene Weg. Einiges ausprobieren, um herauszufinden, was einem gut tut. Allgemein spielen Ernährung, Bewegung und Stressabbau eine ganz große Rolle. Nicht aufgeben. Niemand kann einem sagen, ob die MS überhaupt schlimm wird. (Michaela)
- Die MS-Forschung schreitet immer mehr voran, sodass es inzwischen sehr gute Therapiemöglichkeiten gibt, um lange Zeit eine gute Lebensqualität zu haben. Zudem kann man selbst auch eine Menge beitragen, um sich mit der Erkrankung wohlzufühlen (Bewegung, Hitze meiden, gesunde Ernährung, Stressbewältigung und vieles mehr). Ich fühle mich selbst gut mit meiner Diagnose (2021). Vielen geht es wie mir: Man weiß endlich, was mit einem nicht stimmt und kann etwas dagegen machen. (Nicole)
- Tja, wie wurde mir erklärt das ich jetzt den MitSpieler habe? CT, MRT, Blutuntersuchung und dann die Lumbalpunktion. Eine, ich sag mal, frisch von der Schule Ärztin (sehr hübsch) kam zu mir, ich war halbseitig gelähmt, und sagte: „Laut den McDonald-Kriterien haben Sie MS. Hier sind ein paar Prospekte, da steht alles drin.“ Nach 6 Tagen im Krankenhaus wurde ich entlassen und telefonierte mit etwa 10 Neurologen, um Hilfe zu bekommen. Ich sollte 6 Monate oder länger auf einen Termin warten, ohne jegliche Medikamente. Nur durch einen dummen Zufall kam mein ehemaliger Lehrling zu mir und sagte, seine Freundin arbeite bei einer Neurologin und ich solle dort morgen mal hingehen. Ich muss sagen, meine Neurologin ist ein Traum. Sie gibt einem ein Gefühl von Geborgenheit und sie weiß, was sie tut. Lange Rede, kurzer Sinn: Ihr müsst ein gutes Gefühl bei den Ärzten und Therapeuten haben, sonst taugen sie nichts. (Nils)
- Erst einmal alles auf sich zukommen lassen, nicht allzu eilig lesen. Sich nur mit dem beschäftigen, was im Moment relevant ist. Bei Fragen zur Medikation in entsprechenden Foren nachlesen. Damals habe ich mir ein MS-Lexikon besorgt und nur bei Bedarf gelesen. (Petra)
- Ich komme ohne Rollstuhl nicht mehr im Alltag zurecht und empfinde ihn nicht als Weltuntergang! Ich finde es wichtig, auch diesen möglichen Verlauf darzustellen. MS ist nun mal keine Zuckerwatte. Trotz des Rollstuhls bin ich glücklich und in der Lage, fast alles mitzumachen. (Petra)
- Nicht jedes Zipperlein hat mit der MS zu tun. Das ist etwas, was ich mir zu Herzen nehme! (Sina)
- Ich rate zu einer Reha, sei es psychosomatisch oder neurologisch. Psychotherapeutische Begleitung und ggf. noch eine Selbsthilfegruppe (SHG) oder anderweitiger Austausch mit anderen MSlern! (Sylvie)
- Als ich vor sieben Jahren meine Diagnose bekam, war ich bereits auf einen Rollator angewiesen und meine MS entwickelte sich sehr schnell mit vielen Schüben. Glücklicherweise habe ich mich ausschließlich über wissenschaftliche Publikationen auf PubMed informiert und im Rückblick die richtigen Schlussfolgerungen gezogen. Ein sehr wertvoller Teil war auch der ehrliche Austausch mit meinem Neurologen. (Tino)
- Ganz wichtig: nicht in Panik verfallen. Langzeitstudien zeigen, dass nur die wenigsten MS-Patienten im Rollstuhl landen oder bettlägerig werden. Rein statistisch gesehen hat man also gute Chancen, halbwegs „normal“ durchs Leben zu kommen. Hier und da werden sich Einschränkungen entwickeln, aber die haben auch Menschen mit Arthrose, Rheuma etc. Jeder Mensch hat halt sein Päckchen zu tragen. Zudem macht die Medizin Fortschritte in der besseren Behandlung von MS. Biontech zum Beispiel kann MS im Tierversuch bereits vollständig stoppen – der Weg zur Anwendung beim Menschen ist jedoch noch weit. Dennoch bin ich, auch als Molekularbiologe, überzeugt, dass wir MS in den nächsten 10–15 Jahren vielleicht nicht heilen, aber vollständig stoppen können. Daher gilt vor allem eines: Ruhe bewahren und das Leben sortieren. Es stehen viele Arzttermine an und es werden sich Dinge verändern. Ich habe die Diagnose als Anlass genommen, mein Leben gesünder zu gestalten: bessere Ernährung, mehr Sport, weniger Stress. Ich denke, das ist ein guter Weg. (Tom)