MS-Ratgeber: Spring, damit du fliegen kannst
Die Diagnose MS holt einen unsanft auf die Bretter des Lebens. In einer Sekunde ist alles anders und in einem selbst ein Chaos von Fragezeichen. Plötzlich ist man unheilbar krank und hat Bilder von einem Leben im Rollstuhl im Kopf. Wie soll es weitergehen? Folgende Zeilen stammen von der Autorin (Irene Sybertz):
Ich kenne das alles und möchte mit diesem Buch, am Beispiel meiner ganz eigenen Geschichte, Mut machen. Was sind die ersten Schritte, Partnerschaft, Berufsleben, der Aufbau eines Netzwerkes von Menschen die einem gut tun und warum Resilienz so ein wichtiges Thema ist, sind nur einige der Themen in diesem Buch. Dieser Weg, MEIN Weg zu dem Wissen, was ich nun habe, hat viel Zeit, Kraft und Arbeit bedeutet in einer Phase, in der ich gerne jemanden gehabt hätte, der mich an der Hand nimmt und sagt „Hier geht’s lang.“ Ich möchte nun die Leser an die Hand nehmen, weil ich ihnen diese Umwege ersparen möchte. Ich möchte den Weg etwas leichter machen, damit die Schwimmflügelchen schneller nicht mehr nötig sind.
Ich möchte aufzeigen, dass das Leben mit Multipler Sklerose nicht vorbei ist. Es wird anders. Aber auch besser, wenn man den Mut hat, die neuen Chancen, die sich ergeben, zu ergreifen. „Spring, damit du fliegen kannst. Schreib deine eigene Heldengeschichte“.
MS-Themen aus dem Inhalt:
Wie ist es zu dem Buch gekommen?
Warum ich dieses Buch geschrieben habe? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Es war nur ein Gefühl, dass ich es tun sollte. Ich hatte ein Gespräch mit einer großartigen Frau, die ich sehr schätze. Ich sagte ihr, dass ich das Gefühl hätte, etwas in mir zu haben, was mich stark macht. Etwas, das raus will, etwas, mit dem ich vielleicht anderen Menschen helfen könnte. Mit ein paar gezielten Fragen hat sie mich dann in Windeseile den Kern meines Gefühls entdecken lassen: anderen Menschen beim Umgang mit der Krankheit MS zu helfen. Denn es gibt so viel, das nicht in Büchern steht, und das einem die entsprechenden Institutionen nicht von selbst mitteilen.
Rückblickend gesehen weiss ich gar nicht, ob sie mir nur dazu geraten hat, dieses Buch zu schreiben, oder ob sie einfach gesagt hat: „Sie schreiben jetzt dieses Buch. Punkt.“ Sie glaubt (auch heute noch) an mich und das tut mir unfassbar gut. Auch das hat mich stark gemacht, dieses Projekt wirklich durchzuziehen. Ich habe circa ein Jahr gebraucht, um dieses Buch zu schreiben. Aber letzten Endes war das auch dadurch bedingt, dass ich manchmal einfach Auszeiten brauchte, weil durch das Schreiben natürlich viele Situationen wieder hochgekommen sind und ich regelrecht schlucken musste.
Ich war auf einmal wieder mittendrin in diesem Geschehen, von dem ich dachte, ich hätte es längst abgehakt. Das hat Kraft gekostet; aber durch das Schreiben war es eigentlich ein „Befreiungsschlag“. Jetzt bin ich mit mir im Reinen.
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Einblick in den MS-Ratgeber
Abdruck aus dem Ratgeber „Spring, damit du fliegen kannst.“ (Mit freundlicher Genehmigung des Minerva -Verlages (www.minervaverlag.de) und der Autorin Irene Sybertz.) Das Buch ist erhältlich unter www.ms-buch.de, im Buchhandel (ISBN 978-3-910503-15-1) oder via *Amazon.
Auf einmal lief ich wie auf Sand…
Donnerstag, 12. November 2009
Auf dem Weg vom Parkplatz in die Firma. Mein rechtes Bein fühlte sich an, als ob ich mit ihm im Sand laufen würde. Eigentlich eine nette Vorstellung, wenn es nicht der Gang auf hartem Asphalt gewesen wäre und das linke Bein sich völlig normal angefühlt hätte. Ich fragte mich noch, ob das vielleicht eine Nebenwirkung der Grippe-Impfung aus der Vorwoche war.
Freitag, 13. November 2009
Es lag wohl am Datum, dass meine Unterschrift auf der Auftragsbestätigung an den Kunden nicht lesbar war. Merkwürdigerweise fühlte ich den Stift nicht richtig. Ich konnte ihn kaum festhalten. Ich erinnere mich noch daran, dass ich meinem Azubi gesagt habe: „Mensch, Nico, sieh dir das mal an, das kann ja kein Mensch lesen! Sei so gut, unterschreibe es im Auftrag für mich und sende das Fax dann an den Kunden.“
Samstag, 14. November 2009
Mit dem vollen Wäschekorb die Treppe runtergesegelt. Himmel, tat das weh! Aber was bin ich auch so blöd, nicht hinzusehen, wo ich hinlaufe? Selbst schuld. Ein paar Stunden später das Gleiche nochmal. Nur ohne Wäschekorb. Auf einmal war mein rechtes Bein weg. War ich über etwas gestolpert, was ich nicht gesehen hatte? Oder war die letzte Erkältung doch heftiger als gedacht und ich hatte sie mal wieder nicht ordentlich auskuriert?
Nacht von Samstag, 14. auf Sonntag, 15. November 2009
Alle 15 bis 20 Minuten aufgestanden, um zur Toilette zu gehen. Ich hatte das Gefühl, dass meine Blase nie richtig leer wurde. Aber ich hatte doch nicht mehr Wasser oder Kaffee über den Tag verteilt zu mir genommen als sonst auch? Bei jedem Weg zur Toilette war mir so schwindelig, dass ich beinahe umgefallen wäre. Ich musste mich mit beiden Händen an der Wand des Flures vom Schlafzimmer ins Bad festhalten. Das war komisch. Das war nicht normal.
Sonntag, 15. November 2009
Kaffeekränzchen mit meinem damaligen Mann am Nachmittag. Da es Richtung Advent zuging, standen auch Spekulatius auf dem Tisch. Die leckeren Butterspekulatius. Aber immer, wenn ich einen in die rechte Hand nehmen wollte, konnte ich ihn kaum greifen, und wenn ich ihn dann hatte, fiel er mir aus der Hand. Ich versuchte das dann spaßeshalber mit der linken Hand und alles war ganz normal. Plötzlich hatte ich Schwierigkeiten, im Gespräch die richtigen Worte zu finden. Ich wusste doch genau, was ich sagen wollte, musste aber dann fünf oder sechs ähnliche Worte wählen, die mir einfielen, bevor ich auf das kam, was ich eigentlich sagen wollte. Und du weißt ja: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Mein damaliger Mann fand das witzig. Ich nicht. Bis heute, und wir schreiben das Jahr 2022, habe ich nicht einen einzigen Spekulatius mehr gegessen. So weit so gut. Am nächsten Morgen würde ich gleich einen Termin beim Hausarzt vereinbaren. Für den späten Nachmittag; nach der Arbeit. Da legte aber mein Mann ein Veto ein.
Montag, 16. November 2009
Horst telefonierte am Morgen des 16. November mit unserem Hausarzt und der hatte einen freien Termin, sodass wir direkt zu seiner Praxis fahren konnten. Ich stolperte meinem Hausarzt dann regelrecht in die Arme und als ich erzählte, wie es mir die letzten Tage ergangen war, wurde seine Mine immer ernster. Dann kam der erste Schock-Satz für mich: „Sofort ins Krankenhaus! Ausschluss Multiple Sklerose. Ich mache Ihnen die Papiere fertig.“
Bis zur Diagnose ging es dann eigentlich recht schnell (Donnerstag bis Montag der Folgewoche), da mein Neurologe ja schon die entsprechende Vermutung hatte. Die Diagnose wurde klassisch über die „Ausschluss-Untersuchungen“ erstellt: Blutuntersuchungen, da somit Borreliose ausgeschlossen oder bestätigt werden kann, eine Ultraschall-Untersuchung der Halsschlagader zum Ausschluss oder Bestätigung eines Schlaganfalls, eine Computertomographie des Kopfes, um mögliche Veränderungen im Gehirn zu erkennen, EEG, EKG und letztendlich die Lumbalpunktion, die in Verbindung mit dem MRT die Bestätigung der schon vermuteten Diagnose Multiple Sklerose gebracht hat.
Das Buch ist erhältlich unter www.ms-buch.de, im Buchhandel (ISBN 978-3-910503-15-1) oder via *Amazon.
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