Eine junge Frau mit MS sitzt im Rollstuhl in einem Labor, während sie konzentriert an einem Arbeitstisch arbeitet.

Chancen trotz MS

Als Mann mit Multipler Sklerose, der mittlerweile auch viele Erfahrungswerte von anderen Menschen mit MS kennt, kann ich die Bezeichnung „Krankheit der 1.000 Gesichter“ voll und ganz bestätigen. Ich gehe mal einfach davon aus, dass sich niemand von uns eine MS-Erkrankung freiwillig aussuchen würde. Es kann so ziemlich jede(n) treffen. Im Fall der Fälle muss man halt damit leben und das Beste aus der neuen Situation mit Multipler Sklerose machen.

Ich möchte an dieser Stelle jetzt übrigens keine „Schönmalerei“ betreiben, aber es gibt halt auch Betroffene, für die sich aufgrund der MS neue Türen geöffnet haben. Ihr Leben wurde sozusagen unfreiwillig in neue Bahnen gelenkt, die bei weitem nicht immer nur negativ sein müssen, wie auch in meinem Fall.

MS-Themen aus dem Inhalt:

Ein Mann im Rollstuhl auf einem Gehweg wird von seinem Freund begleitet, der neben dem Rollstuhl kniet. Die beiden schauen sich lachend an, ein Symbol für Lebensfreude trotz MS.

Lebensfreude mit MS

Eine MS-Diagnose kann das Leben grundlegend verändern und doch gibt es viele Menschen, die trotz dieser Diagnose eine erstaunliche Lebensfreude ...
Ein Arzt überprüft die Ergebnisse von Hirntests mit einer Computerschnittstelle in einem hochmodernen medizinischen Umfeld.

MS-Diagnose erhalten?

Du hast eine MS-Diagnose erhalten und fühlst dich überfordert? Lass mich dir zunächst sagen: Du bist nicht alleine. Es gab ...
Ein Mann hält eine orangefarbene Schleife als Symbol der Unterstützung für Menschen mit MS.

Supporter werden

Mit meiner MS-Domain möchte ich in erster Linie zur Aufklärung der Multiplen Sklerose beitragen und Betroffene unterstützen. Neben der ganzen ...

Fluch oder Segen?

Ist die MS-Diagnose eher Fluch oder Segen für dich? Mit dieser Frage hatte ich mich an die MS-Community gewandt und war selbst auf das Ergebnis gespannt. Auf den ersten Blick mag die Frage durchaus seltsam erscheinen, aber auf den zweiten Blick kann man die MS vielleicht doch auch als Segen sehen. Beispielsweise, weil man sich seitdem gesünder ernährt, mehr Sport treibt oder der Meinung ist, ein besserer Mensch geworden zu sein.

Wie kann denn eine chronische, nicht heilbare Krankheit ein Segen sein? Eine verständliche Reaktion auf meine Umfrage unter Menschen mit MS. Eine Antwort auf diese Frage lautete beispielsweise: „Da ich berentet bin, darf ich meinen Sohn immer um mich haben. Zudem ist mein Geruchsinn kaputt. Ich habe früher so viele störende Gerüche wahrgenommen, das ist zum Glück vorbei.“ Nur ein Beispiel, wie man seine MS auch als Segen bewerten kann.

 
An meiner Umfrage hatten übrigens 450 Menschen mit MS teilgenommen. Dabei kam heraus, dass 48 Prozent der befragten Personen ihre MS-Erkrankung einzig und allein als Fluch sehen. Allerdings hatten auch 50 Prozent für „Beides“ gestimmt. Nur 2 Prozent der Betroffenen stimmten für Segen.

Für mich selbst bedeutet die MS-Erkrankung übrigens Fluch und Segen zugleich. Fluch, weil ich bereits seit einigen Jahren kaum noch die eigenen vier Wände verlasse, und Segen, weil ich sonst beispielsweise nie im Leben diese MS-Domain erstellt hätte, was mir Spaß und Freude bereitet. Warum verlasse ich kaum noch das Haus? Weil ich oft starke Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Schwindel und/oder Probleme mit dem Darm hatte beziehungsweise habe.

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Einige Antworten von Menschen mit MS

Du möchtest einige Antworten zum Thema „Multiple Sklerose – Fluch und/oder Segen“ lesen? Voilà:

  • Fluch, ich bin nicht mehr der Flummi, der ich früher war. Jetzt schaffe ich nur noch arbeiten zu gehen, und danach bin ich platt. Ich musste mein Pferd auf eine 24-Stunden-Koppel stellen, da ich ihr nicht mehr gerecht werden kann. Ich schaffe den Haushalt nicht mehr, geschweige denn, mich mit Freunden zu treffen. Musste meinen Garten aufgeben. Ich wäre gerne wieder wie früher, mit dieser Schwerelosigkeit, diesem Leichtsein. Ich bin abends um 20 Uhr völlig erschöpft. (Anja)
  • Was für eine Frage. MS ist ein Miststück. (Anke)
  • Für mich liegt nichts Gutes darin, einen Haufen Medikamente zu nehmen und jeden Tag aufs Neue mit einem ungefragt eingezogenen Mitbewohner darüber zu diskutieren, was er mir in der Wohnung zugesteht und was er für sich beansprucht. Ich kann mit MS leben, kann mich arrangieren, aber ohne wäre definitiv besser. (Astrid)
  • Für mich ist die MS ein Fluch. Hab jetzt so viel Zeit zur Verfügung, trotzdem unternehme ich so gut wie nichts mehr, da die Energie kaum noch dazu reicht, das Nötigste zu erledigen. (Bettina)
  • Wie kann man an der MS etwas Gutes finden? Dass ich meinen Job aufgeben musste und nur Pflegegeld bis zur Altersrente in einigen Jahren bekomme, weil mein Ex-Chef mich falsch informiert hat? Dass ich unserem Hund nicht so gerecht werde, wie sie es verdienen würde? Dass ich wegen des Miststücks auf Kinder verzichtet habe, um mir nicht vorwerfen zu müssen, nicht genug Mama gewesen zu sein? Ach, ich höre jetzt auf, noch mehr aufzuzählen. (Birthe)
  • Ich kann der MS leider nichts Gutes abgewinnen. Ja gut, ich muss nicht mehr arbeiten und dieses Mobbing und die Rechtfertigungen ertragen, aber das wiegt den „Fluch“ nicht auf! Es kann sein, dass es an mir und meiner negativen Einstellung liegt (höchstwahrscheinlich), aber meine Lebensqualität ist so eingeschränkt, dass ich nur daran denke, was ich alles NICHT mehr kann. Ich weiß leider nicht, wie ich aus dieser Gedankenspirale rauskomme (Catrin)
  • Für mich momentan eher Segen. Nach dem letzten Schub beschlossen, dass wir mit dem Traum einer Weltreise nicht ewig warten können. Daher geht es im September los. Ohne MS hätte ich diesen Zeitdruck nicht und würde es nicht in absehbarer Zeit tun. (Christin)
  • Beides. Da ich zum 01.04.2024 vorzeitig pensioniert wurde, habe ich jetzt ganz viel Zeit für mich. Einschränkungen liegen bei mir überwiegend im kognitiven Bereich, ansonsten bin ich noch voll fit. (Christina)
  • MS hat mich stärker, positiver, dankbarer, zufriedener, glücklicher, geduldiger usw. gemacht. (Christina)
  • Ganz schwer. Einerseits natürlich ein verdammter „Fluch“, das mit Ende 57 zu bekommen und alle Pläne weitestgehend dahin. Aber trotzdem auch ein kleines bisschen „Segen“. Mag jetzt für manchen blöd klingen, aber dadurch habe ich mich mehr reflektiert und meine eigene Messlatte etwas abgesenkt und erfreue mich jetzt noch viel bewusster an Kleinigkeiten. Früher Selbstverständliches wie Rasenmähen usw. wird dann halt jetzt zur Challenge. Aufgeben ist keine Option. Frei nach dem Motto: Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen. (Corinna)
  • Fluch ist ja klar, brauche ich nicht erklären. Segen, weil ich mein Leben entschleunigt habe, das Schöne noch mehr zu schätzen weiß, tolle Menschen kennengelernt habe, mehr genießen kann, mehr wertschätzen kann, das Leben als solches bewusster leben kann. Ich versuche dem Fluch so wenig wie möglich Platz in MEINEM Leben zu geben. Auch in schwierigen Zeiten. (Daniela)
  • Segen nur, weil ich durch die Einschränkungen gesehen habe, wer dann wirklich noch da ist. Nämlich niemand. (Darius)
  • Segen ist ein religiöser Begriff und beschreibt alles Gute von Gott. Komische Frage, ob eine unheilbare Krankheit ein Segen ist. Dann muss vor der MS aber mächtig etwas schief gelaufen sein. Nicht jeder sieht Segen als das, was es eigentlich per Definition ist. Umgangssprachlich kann das alles sein. Ich würde für mich auch sagen, dass die MS außer Acht gelassen, auch positive Aspekte zu verzeichnen sind. Da man niemals weiß, wie es ohne Krankenhaus geworden wäre, kann man auf die tollsten Ideen kommen. (Dirk)
  • Kann der MS nichts Gutes abgewinnen. Hab nur Nachteile erfahren. Gesund gelebt habe ich auch vorher. Sorry, das ist alles ein riesiger Mist. (Frank)
  • Fluch, ja, ich bin 60 und fühle mich oft wie über 100 … Segen, ja, weil ohne die MS hätte ich meinen jetzigen Mann nicht kennengelernt. Wir wollten beide KEINEN neuen Partner, aber manchmal kommt es halt anders. Wir sind jetzt ca. 25 Jahre mit der MS zusammen. (Gabbie)
  • Ich bin durch die MS bereits vorzeitig in Rente und habe dadurch Zeit für mein Kind. Welche alleinerziehende Mama hat das heutzutage noch? Deshalb kann ich gar nicht richtig böse auf diese Erkrankung sein. (Irma)
  • Es kann ein Segen sein, sein Leben neu zu überdenken. Und für diejenigen, die jetzt sagen: „Dann kann es bei dir ja nicht so schlimm sein“. Ich habe Jahre im Rollstuhl verbracht, habe kein Gleichgewicht, habe schwere kognitive Störungen, … eigentlich alles, was man nur haben kann. Aber!! Ich habe meine Rente und einen Pflegegrad, daher ist mein Einkommen sicher und ich habe die Ruhe und Zeit, das zu machen, was ich kann und möchte. Ja, auch eine solche Krankheit kann ein Segen sein, es kommt nur auf die innere Einstellung an. (Katja)
  • Ich habe aufgrund der MS tatsächlich meine jetzige Partnerin kennengelernt. Zu meiner Zeit, als meine MS noch recht frisch und aktiv war, war ich natürlich oft im Klinikum. Und auch oft in der Cafeteria. Da saß sie auch oft, wir hatten irgendwie immer ähnliche Zeiten dort. Irgendwann sind wir dann ins Gespräch gekommen und haben schnell herausgefunden, dass wir beide auf Frauen stehen. Das erste richtige Date war dann direkt am Wochenende darauf und von da an ging es schnell. Zusammen sind wir nun seit guten 8 Jahren. Ach so, und sie ist Ärztin an der Klinik, deshalb war sie dort auch so oft. (Lea)
  • Schwere Dysphagie. Das kann kein Segen sein. (Marcel)
  • Fluch… MS hat mir mein Leben in Amerika unmöglich gemacht. Mit einer chronischen Krankheit wie MS lassen sie dich nicht rein. Es wird davon ausgegangen, dass du Hilfe vom Staat benötigst. Bei dem Gesundheitssystem brauchst du auch viel Geld. (Michaela)
  • Tatsächlich beides. Fluch, weil ich meinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Und Segen, da ich jetzt Zeit für viele schöne Sachen habe, die vorher gar nicht denkbar waren. Dass ich für lange Strecken einen Rolli brauche, sehe ich absolut nicht als Fluch an, denn ich komme ja von A nach B und das ohne mich zu verausgaben. Wie ich immer gerne sage, für mich ganz persönlich finde ich „Laufen können“ auch ein wenig überbewertet. ^^ Mag an meinem Alter liegen. (Nicole)
  • Fluch. Was nützt mir die ganze Zeit für Sachen, die ich früher nicht ausüben konnte, weil ich keine Zeit dafür hatte und jetzt körperlich nicht mehr kann. Der MitSpieler hat definitiv nichts Positives für mich. (Nils)
  • Da mein „freier“ Bewegungsradius – mit Rollstuhl ohne jegliche Unterstützung – sehr eingeschränkt ist und ich ein freiheitsliebender Mensch bin, sage ich FLUCH! (Pasquale)
  • Die „Seuche“ hat mein ganzes Leben zerstört. (Sarah)
  • Für mich beides.Ich tröste mich damit, dass Krebs schlimmer ist, aber MS schränkt mich schon sehr ein. Ich vermisse Fahrrad fahren zu können, weil ich das Gleichgewicht nicht mehr halten kann. Im Laufen bin ich auch eingeschränkt. Aber dennoch bin ich glücklich und versuche mein Leben mit diesem Miststück in mir täglich lebenswert zu machen. (Simone)
  • Etwas Segen empfinde ich auch. Man ist gezwungen, auf sich zu achten. Wenn man schlapp und energielos ist, ist es eher Fatigue als Faulheit. Das zu lernen, fällt mir schwer. (Sonja)
  • Der Segen liegt wohl eher darin, dass man die Fähigkeit entwickelt, sich diese Scheiße noch irgendwie schönzureden. Ansonsten fehlt mir dafür jegliches Verständnis. (Stefan)
  • Ich hatte vermutlich schon über 20 Jahre MS bis zur Diagnose vor zwei Jahren. Ich war davor schon immer viel krank, chronische Geschichten und hatte mindestens zwei Schübe, bei denen mich kein Arzt ernst nahm… man zweifelt dann extrem an sich selbst. Mit der Diagnose überkam mich mehr Gelassenheit. Ich weiß jetzt, dass definitiv etwas nicht stimmt und muss mich dadurch nicht mehr mit kerngesunden Mitmenschen messen. Ich lasse nicht locker und lebe mein Leben mit zwei Jobs. Bin jetzt aber im Umgang mit mir liebevoller, wenn ich etwas nicht körperlich direkt wuppe. (Stephanie)
  • Beides. Ein Fluch, weil mir die Möglichkeit genommen wurde, einen normalen Alltag zu leben. Aber auch ein Segen, da mir gezeigt wurde, wer zu mir steht und mich unterstützt, sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten. (Tanja)

MS-Themen aus dem Inhalt:

Ein Arzt schreibt Krankenakten, während ein Patient im Rollstuhl wartet.

EDSS-Wert bei der MS

Die EDSS-Skala steht für die "Expanded Disability Status Scale" und wird häufig in der klinischen Bewertung von Menschen mit Multipler ...
Eine Frau liegt im Bett, ihre Arme sind mit Gürteln am Körper befestigt. In der nächsten Szene sitzt sie befreit im Bett und schreit ihre Verzweiflung heraus.

Gefangen im eigenen Körper

Das Gefühl, im eigenen Körper gefangen zu sein, ist eine Herausforderung, der sich viele Menschen mit Multipler Sklerose gegenübersehen. Die ...
Eine rothaarige junge Frau sitzt erschöpft auf dem Küchenfußboden, nachdem sie gestürzt ist. Sie leidet an Gleichgewichtsproblemen aufgrund ihrer Multiplen Sklerose (MS). Im Hintergrund steht ein Rollstuhl, der ihr als Hilfsmittel dient, aber nicht alle Herausforderungen bewältigen kann.

Gleichgewichtsprobleme

Bei mir zählten Gleichgewichtsprobleme zu den ersten Symptomen der MS. Laut der Domain www.meinalltagmitms.de treten Gleichgewichtsstörungen übrigens häufig bei Multipler ...

Was genau sind die Chancen der MS?

Wie bereits erwähnt, kann man der MS auf den ersten Blick oft nichts Gutes abgewinnen. Das wurde mir übrigens auch mehrfach so gesagt und/oder zu erkennen gegeben, dass eine solche Themenseite totaler Quatsch wäre. Aber viele Betroffene haben nicht ausschließlich eine negative Sicht auf ihre MS-Erkrankung und können dem Ganzen durchaus auch etwas Positives abgewinnen. Meine zuvor thematisierte Umfrage bestätigt dies eindrucksvoll.

Wo aber genau liegen die Chancen der MS? Was sagen Betroffene selbst? Mir wurde beispielsweise berichtet, dass man aufgrund der MS stärker, positiver, dankbarer und/oder geduldiger geworden ist. Ebenso wurde mir mehrfach berichtet, dass man sich aufgrund der MS gesünder ernährt und/oder mehr Sport treibt. Generell wurde mir einige Male berichtet, dass man seit der MS ein besserer Mensch, vor allem auch gegenüber sich selbst, geworden ist.

Als Chance der MS wird auch des Öfteren gesehen, dass sich freundschaftlich früher oder später die Spreu vom Weizen trennt. Irgendwann wird ersichtlich, wer wirklich ein guter Freund beziehungsweise eine gute Freundin ist und auch in schlechten Zeiten zu einem hält. So erspart man sich quasi automatisch die kostbare Zeit mit „falschen“ Menschen. Selbstverständlich sieht das nicht jede(r) so, aber zumindest viele Betroffene sind dieser Meinung.

In puncto Liebe und Beruf ist die Lage laut meinen Erfahrungen sehr durchwachsen. Das wäre genaugenommen aber auch ohne eine Krankheit wie Multiple Sklerose der Fall. Demnach würde ich persönlich beides jetzt nicht als Chance der MS sehen, auch wenn sich einige wenige Leute neu verliebt oder einen „besseren“ Beruf gefunden haben. Ich selbst hätte vermutlich ohne MS-Diagnose nie im Leben eine MS-Domain erstellt.

Meine Sichweise über Fluch und Segen der MS

Symbolbild für Chancen trotz MS

Für mich persönlich bedeutet meine MS-Diagnose Fluch und Segen zugleich. Fluch aufgrund diverser Symptome sowie verpasster Termine und Gelegenheiten. Immer wieder musste ich mal mehr, mal weniger kurzfristig absagen und zu Hause bleiben. Zudem musste ich mich leider auch von sportlichen Aktivitäten verabschieden, wie beispielsweise dem Badminton und Joggen. Es war/ist aufgrund meiner Gleichgewichts- und Bewegungsstörungen leider im Laufe der Zeit unmöglich geworden.

Als Segen hingegen würde ich meine berufliche Situation bezeichnen. Bereits Jahre vor meiner MS-Diagnose hatte ich mich aufgrund von Dauerkopfschmerzen und gelegentlichen Panikattacken selbständig gemacht. Aus drei psychosomatischen Rehas wurde ich als „arbeitsunfähig“ entlassen und war plötzlich mit „nur“ 31 Jahren Frührentner. Laut Agentur für Arbeit, Rentenbund und ärztlicher Empfehlung inklusive diverser Gutachten, sollte und durfte ich nur noch maximal 3 Stunden täglich arbeiten. Ich benötige seitdem ständig auch ungeplante Pausen, da meine Symptome kommen und gehen, wie sie möchten.

 
Zusätzlich zur Erwerbsminderungsrente machte ich mich damals selbstständig, weil ich in erster Linie noch eine Aufgabe im Leben haben wollte. Als Angestellter war mir dies leider nicht mehr möglich, weil man sich auf mich nicht mehr verlassen konnte. Als eigener Chef habe ich seitdem das Privileg, spontan auf gesundheitliche Gegebenheiten zu reagieren. Ich muss mich nicht mehr erklären und kein schlechtes Gewissen anderen Personen gegenüber haben.

Auf der anderen Seite kann ich als Einzelunternehmer allerdings nicht so arbeiten, wie ich gerne würde. Richtige Fleißarbeit ist mir beispielsweise nicht mehr möglich, weil ich dann fast immer starke Kopfschmerzen, Schwindel und/oder Kreislaufprobleme bekomme. Fremdaufträge im großen Stil kann ich leider auch nicht vergeben, da ich noch nicht im Lotto gewonnen, reich geheiratet oder eine Ölquelle im Garten entdeckt habe. Demnach agiere ich quasi im Rahmen meiner Möglichkeiten.

MS-Themen aus dem Inhalt:

Eine Mutter, die trotz ihrer Multiplen Sklerose (MS) einen erfüllten Kinderwunsch erlebt, wird von ihrer Tochter liebevoll auf die Wange geküsst. Ein Bild des Glücks in der Natur.

Kinderwunsch mit MS

In MS-Gruppen taucht immer wieder das Thema Kinderwunsch auf, insbesondere die Frage, ob es möglich ist, trotz der Diagnose Multiple ...
Xenia Hentschel, 32-jährige Frau mit Multipler Sklerose (MS), strahlt auf dem linken Bild im Haus und auf dem rechten Foto im Freien mit ihrem Hund.

Xenia Hentschel

Ich möchte euch gerne Xenia Hentschel vorstellen, die mir erstmals am 25.11.23 bei Instagram über den Weg gelaufen ist. Damals ...
Eine Frau hält einen Würfelzucker in ihrer linken Hand und zeigt mit ihrer rechten Hand den Daumen nach unten.

Zuckerarme Ernährung

Eine Ernährung mit wenig Zucker kann bei Multipler Sklerose von Nutzen sein. Dabei ist es übrigens laut www.barrierefrei-magazin.de nicht notwendig, ...

MS-Domain als meine ganz persönliche Chance

Ohne meine MS-Erkrankung hätte ich wohl nie im Leben eine MS-Domain erstellt. Ich selbst wusste damals bei meiner Diagnose so gut wie nichts über die Multiple Sklerose und hätte vor allem Erfahrungswerte von Betroffenen gut gebrauchen können. Mir schwebten damals tausend Fragen im Kopf herum. Bleiben all meine Einschränkungen bestehen? Was kann ich vielleicht tun? Wie ging es anderen in meiner aktuellen Lage? Welche Hilfsmittel, Tipps und Ratschläge gibt es für Symptom xyz? MS-Medikamente ja oder nein? Was sind mögliche Nebenwirkungen der ganzen Therapien bzw. MS-Medikamente?

Schon damals gab es selbstverständlich einige Betroffene, die über ihre MS informierten. Ich wollte mit einem blinden Auge, Schmerzen, tauben Händen und Kreislaufproblemen aber nicht 50 Menschen mit MS bei Facebook oder Instagram anschreiben, um an 50 Erfahrungen zu gelangen, die für mich relevant waren. Auch konnte ich mir nicht alle 10.000 Beiträge dieser Personen anschauen und hoffen, dass etwas Passendes dabei wäre.

Bereits Anfang 2018 im Krankenhaus stand mein Entschluss fest, Erfahrungswerte von Betroffenen zu sammeln und themenrelevant zu gliedern. Mit anderen Worten: Wenn man beispielsweise eine Sehnerventzündung hat, dann soll man sich passende Erfahrungsberichte „nur“ zu diesem Thema durchlesen können. Bis zur Umsetzung meiner MS-Domain sollten allerdings noch einige Jahre vergehen, da ich mich zunächst auf andere Sachen konzentrieren musste. Im März 2023 war der Zeitpunkt endlich gekommen und ich veröffentlichte die erste Themenseite.

Seitdem erstelle ich je nach meinen Möglichkeiten weitere Themenseiten und veröffentliche dazu passende Erfahrungswerte von Menschen mit MS. Fast jede meiner Themenseiten hat ein Online-Formular, wo man eigene Erfahrungswerte einreichen kann, die ich dann entsprechend ergänzen würde. Meine MS-Domain soll Betroffene mit Erfahrungswerten aus der MS-Community unterstützen, aber auch zur Aufklärung beitragen. Wie muss man sich beispielsweise Symptom „xyz“ vorstellen? Wie möchten Menschen mit MS behandelt werden? Was sind unsichtbare Symptome der MS? Was ist das Uhthoff-Phänomen?

Deine Erfahrungen mit uns teilen

Frau im grünen Top zeigt einer Gruppe von Menschen etwas auf ihrem Laptop

Du hast auch eine MS-Diagnose erhalten und möchtest etwas zu diesem Thema beitragen? Hatte sich aufgrund der MS bei dir vielleicht eine Tür geöffnet, die sonst vermutlich verschlossen geblieben wäre? Kannst du deiner MS-Erkrankung auch etwas Positives abgewinnen? Gab es neue Chancen, die du ergriffen hast?

Erfahrungsberichte von Betroffenen lesen

Hier findest du Erfahrungswerte von Menschen mit MS, die über das Thema „Chancen mit/trotz MS“ berichten:

  • Meine Karriere wäre definitiv anders verlaufen. Weil ich als Anästhesistin auf Dauer nicht hätte arbeiten können, bin ich ins Gesundheitsamt gewechselt. Beste Entscheidung überhaupt! Mit deutlich weniger körperlicher Anstrengung habe ich nun einen spannenden und abwechslungsreichen Beruf, und dank der Schwerbehinderung habe ich bei der Beförderung keine Nachteile. (Astrid)
  • Ich finde, MS kann beides sein, auch wenn man den Segen nicht immer sieht. Bei mir überwiegt der Fluch, da ich deswegen meinen Beruf nicht mehr ausüben kann, meine Spastik in den Beinen echt nervt und von der Fatigue möchte ich gar nicht erst reden. Aber ich habe auch gelernt, mehr auf meinen Körper und seine Signale zu achten, mache Sport und habe durch die Reha, die ich ohne MS nicht gemacht hätte, super tolle Menschen kennengelernt. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die man trotz des Fluchs lernen sollte zu schätzen. (Danny)
  • Ich wäre wahrscheinlich karrieregeiler gewesen, hätte möglicherweise meine Ehrenämter nicht (BR, SBV, DMSG-Vorstand) übernommen, weniger Zeit mit unseren Kindern verbracht und nicht die Gelassenheit entwickelt, die mich die MS gelehrt hat. Und die Flexibilität, besonders beruflich, zu der sie mich gezwungen hat. (Dirk)
  • Ich habe nach 20 Jahren im öffentlichen Dienst gekündigt. Ich habe jetzt einen super Teilzeitjob, der mir Spaß macht (Personalsachbearbeitung), bei sehr freier Zeiteinteilung, hauptsächlich von zu Hause aus, was meiner Fatigue sehr zugutekommt. Und durch Teilzeit mit TMR habe ich noch 500 Euro mehr als vorher in Vollzeit – läuft. Ohne MS wäre ich dort geblieben. (Iris)
  • Mit MS ist mein Leben erst richtig losgegangen. Die MS hat mir viel beigebracht. Ich bin wesentlich risikobereiter geworden, und ich weiß, worauf es ankommt. Ich habe mit MS studiert, ein Haus gebaut, Kinder bekommen, geheiratet, mich nach 10 Jahren scheiden lassen und noch viel mehr. Die MS ist einfach ein Teil von mir. (Jörg)
  • Ich bin definitiv andere berufliche Wege gegangen als nur Pflegefachfrau zu sein. Habe nebst Pflegefachfrau AKP HF dann med. Sekretärin HWS, Patient Administration Manager AKAD und erwachsenen Bildnerin gemacht. Ich habe PflegefachschülerInnen, Studenten und Ärzte inklusive Professoren unterrichtet. Jahrelang habe ich Kurse für Patienten und Angehörige abgehalten – von Allergie-Kochkursen über Hautpflegekurse bis hin zu Verbandskursen. Als Expertin war ich international in Fachgremien tätig, wie nationalen und internationalen Medikamentenregistrierungsbehörden und anderen Gesundheitsbehörden. Ich war aktiv im Bereich Patient Empowerment, Komplementärmedizin, Allergie-Prävention und vielem mehr. Die Themen umfassten Allergien, Hautkrankheiten, Asthma, Lungenkrebs, Männerkrebs und MS. Vieles habe ich trotz bereits bestehender MS-Symptome und aus dem Rollstuhl heraus erreicht. Ohne MS wäre mein Weg sicherlich anders verlaufen. Dennoch hat sie auch weitere positive Einflüsse auf mich gehabt. Auch wenn ich die Madame Sabotage hasse, so hat sie mich zu dem gemacht, was ich heute bin. (Liz)
  • Kurz vor der Diagnose vor genau einem Jahr wurde mein Team aufgelöst, nachdem ich 12 Jahre dort meinen beruflichen Traum leben konnte. Aber ohne die MS hätte ich mir garantiert so schnell wie möglich wieder etwas gesucht und damit weiter psychischen und physischen Raubbau an meinem Körper betrieben (eines meiner Hobbys war/ist mein Beruf -> Workaholic). So habe ich mir bewusst eine Auszeit genommen bzw. nehme sie mir immer noch. Ich habe mir viel Zeit zum Nachdenken genommen und lebe seitdem deutlich bewusster. Ein weiterer positiver Aspekt: Ich war als Kind übergewichtig, habe deswegen Sport gehasst und mich später nie um meinen Körper gekümmert. Mit 17 habe ich zwar deutlich abgespeckt und konnte das bis jetzt (52) auch mit Schwankungen recht gut halten, aber Sport? Bäh. Erst dank meiner vierwöchigen „Kur“ in der Marianne-Strauß-Klinik Ende letzten Jahres habe ich gemerkt, wie gut mir Gerätetraining tut. Deshalb bin ich jetzt seit vier Monaten zusätzlich zur Physio jeden zweiten bis dritten Tag für 2-3 Stunden im Studio, und es tut mir auf allen Ebenen so dermaßen gut. Ich bekomme plötzlich Muskeln an Stellen, von denen mir gar nicht bekannt war, dass da Muskeln sein sollten, ich kann wegen des hohen Kalorienverbrauchs deutlich mehr essen, und natürlich geht es auch meinen Symptomen wie Fatigue besser bzw. kann ich vor allem die Lähmungen im linken Bein mit mehr Muskeln deutlich besser kompensieren. Und es gibt fast kein besseres Gefühl, als sich richtig ausgepowert zu haben und sich dann frisch geduscht z.B. in die Sonne zu legen oder einfach ein tolles Frühstück zu genießen. Zu guter Letzt: Ich habe 40 Jahre lang selbst gedreht (Schwarzer Krauser) und teilweise Kette geraucht – und würde das auch heute noch tun, wenn der MS-Arzt in Großhadern mir nicht auf sehr amüsant-sarkastische Weise (genau mein Humor!) den Denkanstoß gegeben hätte, wie dumm es eigentlich ist, auf eine Nervenkrankheit auch noch permanent Nervengift draufzukippen. Am Tag danach rauchte ich bewusst meine letzte Zigarette, und jetzt bin ich tatsächlich schon gute 9 Monate rauchfrei. Und trotz der gesteigerten Fitness habe ich nicht mal zugenommen. Also, wenn ab und zu die Symptome nicht wirklich nerven und behindern würden, könnte ich schon fast sagen, dass mir eigentlich fast nichts Besseres als meine persönliche MS hätte passieren können, da es sich wie ein Aufwachen anfühlt, besonders in dieser herausfordernden Zeit letztes Jahr (noch unerwähnt: bevor ich meinen Job verlor, war auch mein Schwiegervater gestorben). (Markus)
  • Ich würde ohne die MS wohl nicht basteln. Vor allem bastel ich für Familienmitglieder Karten für Geburtstage, Weihnachten usw. Mache ich als Ergotherapie. (Nicole)
  • Bei mir ist es eher die Folge, dass ich jetzt berentet bin und damit nach 35 Jahren Stress, Hektik und Chaos endlich Zeit habe, auf meinen Körper zu hören. Auch wenn das Geld weniger ist, passt das für mich. (Petra)
  • Ich hätte ohne die MS-Diagnose nie meinen Arbeitsplatz gewechselt – und das zu tun, war das Beste, das ich machen konnte. Ich bin in meinem Berufsfeld geblieben (Erzieherin) – allerdings habe ich von einer kleinen, ländlichen Kita mit 35 Kindern in eine Einrichtung mit Kapazität für 180 Kinder gewechselt. Klingt zwar erstmal viel, aber ich arbeite eben nicht mit 35 Kindern eng zusammen, sondern mit 13. Den anderen 16 Kollegen des Teams läuft man kaum über den Weg. Die Gefahr, sich an kranken Kindern anzustecken, ist geringer und der zwischenmenschliche Stress halt auch. Ich bemerke insgesamt, dass es mir viel besser geht und ich habe keine Angst mehr, aufgrund meiner MS umschulen zu müssen. (Saskia)
  • Schneller, höher, weiter war einmal. Ich habe die Reißleine gezogen und beziehe jetzt die volle EU-Rente. Dadurch haben sich die Werte verschoben, ich lebe achtsamer und viel bewusster. Dadurch ist mein kleines Leben für mich und einige meiner Mitmenschen wertvoller geworden. (Ute)